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Homöopathie

Homöopathie

Die Homöopathie ist eine medizinische Therapiemethode.

In Europa wird die homöopathische Medizin von ca. 45.000 Ärzten und 6.000 Heilpraktikern angewandt.1 Weltweit gibt es über 400.000 Homöopathen. Viele Apotheker und Laien nutzen homöopathische Mittel. Mehrere Millionen Menschen wenden täglich homöopathische Arzneimittel an.
 

Begriff

Das Wort „Homöopathie“ leitet sich von den griechischen Worten homoios (ähnlich) und pathos (Leiden) ab. Homoion pathos bedeutet „ähnliches Leiden“ und bezeichnet das Wirkprinzip der Homöopathie:2,3

     „Ähnliches kann durch Ähnliches geheilt werden“.

Das „Ähnlichkeitsprinzip“ war bereits Hippokrates (460-370 v.Chr.) bekannt. Der deutsche Arzt, Pharmazeut und Forscher Christian Friedrich Samuel Hahnemann hat dieses medizinische Wirkprinzip neu für die Medizin entdeckt:4

„Wähle, um sanft, schnell, gewiss und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfall eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden (omoion paqoV) für sich erregen kann, als sie heilen soll!“

Damit ist gemein: Die therapeutischen Wirkungen der Homöopathie und die Ergebnisse der Arzneimittelprüfungen an Gesunden zeigen, dass jedes Arzneimittel zwei Wirkrichtungen hat:

  • Jedes Arzneimittel kann bestimmte Krankheitssymptome heilen.
  • Jedes Arzneimittel kann genau diese Krankheitssymptome am Gesunden auslösen.

Gemäß diesem bewährten medizinischen Wirkprinzip können Patienten mit Arzneimitteln behandelt werden, deren Wirkungen ihrem Krankheitszustand möglichst ähnlich sind. Der für die Kranken individuell passende Arzneireiz regt die Selbstheilungskräfte des Organismus an, die zur Heilung oder Linderung der Beschwerden führen.
 

Definition

Die WHO definiert Homöopathie:5

„Das zentrale Grundprinzip der Homöopathie ist, dass “Ähnliches durch Ähnliches geheilt” geheilt wird (lateinisch: similia similibus curentur), in einer ganzheitlichen Betrachtungsweise der Gesamtheit der Symptome der Patienten.“
 

Medizinische Definition

Die Homöopathie ist Medizin, Komplementärmedizin und Ganzheitsmedizin.6

Medizin: Die Medizin (lateinisch: ars medicina, ärztliche Kunst) ist Heilkunst, Heilkunde und als ärztliche Wissenschaft die Wissenschaft vom gesunden und kranken Menschen, von den Ursachen, Wirkungen und der Vorbeugung und Heilung der Krankheiten.

Komplementärmedizin: Die Komplementärmedizin setzt spezielle diagnostische und therapeutische Verfahren ergänzend zur Schulmedizin ein. Grundlagen sind die Anregung der Selbstheilung, Förderung der Widerstandskräfte, Reiz-Reaktions-Prinzipien und Normalisierung gestörter Funktionen.

Ganzheitsmedizin: Die Ganzheitsmedizin sieht den Patienten in seiner seelisch-körperlichen Gesamtheit und Interaktion mit der Umwelt. Im Gegensatz zur Schulmedizin wird die Subjektivität und Individualität von Symptomen und Reaktionen in Diagnose und Therapie berücksichtigt.

Die Homöopathie erfüllt diese drei Definitionen vollinhaltlich. Die Homöopathie ist eine medizinische Diagnose- und Therapiemethode der Komplementär- und Ganzheitsmedizin mit eigenen medizinisch-wissenschaftlichen Grundlagen.
 

Homöopathische Definition

Eine kurze Definition findet sich bei Teut et al. 2016:7

„Homöopathie ist eine Heilmethode mit Arzneien, die nach Prüfung ihrer Wirkung am Gesunden aufgrund der individuellen Krankheitszeichen des Patienten auf der Basis des Ähnlichkeitsprinzips als Einzelmittel zur Heilung und Linderung von Krankheiten angewendet werden“.

Homöopathie ist patientenorientierte Heilkunst. Es werden spezifische Arzneimittel verordnet, die möglichst genau zur individuellen Erscheinungsform („Manifestation“) der Krankheit jedes einzelnen Patienten passen und die Selbstheilung anregen:7

„Homöopathie ist eine Heilkunst. Es geht in der Homöopathie nicht darum, standardisierte Lösungen für typische gesundheitliche Probleme zu finden, sondern spezifische Therapieansätze für individuelle Manifestationen akuter und chronischer Erkrankungen. Dabei blickt die Homöopathie auf individuelle Manifestationen der Krankheiten und sucht ganzheitliche therapeutische Lösungen. Selbstheilungsprozesse werden mittels spezifischer homöopathischer Arzneien angestoßen. Homöopathie zielt auf eine möglichst weitgehende Gesundung des Individuums.“
 

Sichtweise der Homöopathie

Homöopathen sehen mit allen Sinnen auf den leidenden Menschen. In der homöopathischen „Anamnese“, dem Gespräch zur Fallaufnahme, werden alle körperlichen und psychischen Symptome, Beschwerden und Besonderheiten des Patienten erhoben. Das gesamte Beschwerdemuster wird als medizinische Einheit gesehen, die den persönlichen Krankheitszustand jedes einzelnen Patienten als Zustandsveränderung erfasst:

  • Ganzheitlicher Zustand des Kranken
  • Regulatorisch-vegetative Zustandsveränderung „im Befinden des Leibes und der Seele“ (Hahnemann)8
  • Abweichung vom ehemaligen gesunden Zustand des Kranken (Hahnemann)8

Dieses körperlich-psychische Beschwerdemuster wird deskriptiv, d.h. beschreibend dokumentiert und stellt das individuelle „Krankheitsbild“ des Patienten dar.

Die Homöopathie sieht auf die ganze Person. Diese Sichtweise hat den Vorteil, zusätzlich zu den eigentlichen Beschwerden auch persönliche Probleme des Patienten, seine psychische Verfassung, soziale, biographische und umweltbedingte Faktoren sowie seine konstitutionelle Reaktionsweise bei der Behandlung zu berücksichtigen.

Dabei handelt es sich um „Mustererkennen“. Diese Methode ist in der Technik bewährt, um komplexe ganzheitliche Systeme zu analysieren.

Die klinischen Erfahrungen der Homöopathie zeigen, dass tatsächlich jeder Zustand von Mensch und Tier erfolgreich mit einem einzigen Arzneimittel behandelbar ist, wenn dieses Arzneimittel an Gesunden einen ähnlichen Zustand auslösen kann.
 

Arzneimittelprüfung

Die homöopathische Arzneimittelprüfung am Gesunden (HAMP) ist eine medizinische Methode, um die ganzheitlichen Wirkungen von Arzneimitteln durch klinische Prüfung zu bestimmen.6 Gesunde Personen nehmen homöopathische Arzneimittel im Blindversuch oder Doppelblindversuch ein und protokollieren alle auftretenden körperlichen und psychischen Reaktionen.

HAMPs werden heute meistens mit Hochpotenzen (C30) durchgeführt. Die beobachteten Symptome sind keine pharmakologischen Wirkungen, sondern homöopathische Wirkungen als physiologische Reaktionen des Organismus auf den informativen Reiz der homöopathischen Arznei.

Die Reaktionen der Prüfungsteilnehmer sind von der individuellen Empfindlichkeit auf die geprüfte Arznei und damit vom Zufall abhängig. Deshalb ist eine statistische Auswertung der Prüfungssymptome nicht zielführend. Wesentlich ist die genaue Beschreibung der aufgetretenen Symptome. Diese werden gemeinsam mit toxikologischen Symptomen und durch erfolgreiche Behandlungen mit diesem Arzneimittel verifizierten „Heilungssymptomen“ in umfangreichen Arzneimittellehren („Materia Medica“), Repertorien (strukturierte Symptomsammlungen), Büchern und Datenbanken erfasst und stellen das spezifische Wirkmuster des geprüften Arzneimittels dar.

Diese Arzneisymptome, die bei gut geprüften Arzneimitteln tausende Details umfassen, werden als „Arzneimittelbild“ manuell oder computergestützt mit den wesentlichen Symptomen des „Krankheitsbildes“ des Patienten verglichen. Auf diese Weise ist es möglich, für jeden Krankheitszustand und für jeden Kranken ein individuell passendes Arzneimittel zu wählen.
 

Methoden der Homöopathie

Wie in der konventionellen Medizin, so gibt es auch in der homöopathischen Medizin verschiedene Behandlungsmethoden.6 Aufgrund der komplexen Ganzheit des Menschen und der persönlichen Situation des Kranken können unterschiedliche „Schichten der Ähnlichkeit“ für die Wahl eines homöopathischen Arzneimittels genutzt werden, das zum Zustand des Patienten passt:

  • Gesamtheit der Symptome
  • Psychische Aspekte des Kranken
  • Konstitutionelle Merkmale des Kranken
  • Auslösende Ursache des Krankheitszustandes (Ätiologie)
  • Funktionelle Störungen, z.B. Entzündungs- oder Fieberzustände
  • Organbezogene Störungen, z.B. Leber-, Schleimhaut-, Knochenbeschwerden.

Diese Vielfalt an Möglichkeiten hat zur Entwicklung unterschiedlicher homöopathischer Schulen geführt.

Homöopathische Arzneimittel werden für mehrere Behandlungsmethoden verwendet:6
 

Klassische Homöopathie

Die Homöopathie nach Hahnemann und daraus entwickelter Schulen ist eine systematische, gründliche und sehr zeitintensive Therapiemethode, die jahrelanges Training erfordert. Die Ausbildung erfolgt in Österreich gemeinsam mit der Österreichischen Ärztekammer, dem Europäischen Komitee für Homöopathie (ECH) und dem weltweiten Dachverband homöopathischer Ärzte (LMHI). Die klassische Homöopathie stellt die wirksamste und zuverlässigste homöopathische Methode dar. Damit können ernste körperliche, psychische und psychosomatische Erkrankungen behandelt und oftmals bleibend geheilt werden.
 

Klinische Homöopathie

Abgekürzte, pragmatische Methoden orientieren sich an den im Vordergrund stehenden Symptomen oder an der klinischen Diagnose. Dabei werden homöopathische Arzneimittel verabreicht, die bei typischen Krankheitszuständen bewährt sind („Bewährte Indikationen“). Das kann bei akuten Krankheiten helfen, die in der Kassenpraxis, Geburtshilfe oder auch durch Laien behandelt werden. Chronische und psychische Krankheiten hingegen sind kein Fall für diese rasche Mittelwahl. Sie erfordern professionelle Fallanalyse und klassische homöopathische Therapie.
 

Veterinär-Homöopathie

Die Homöopathie ist auch bei Groß- und Kleintieren wirksam. Das wird in der Einzeltierbehandlung oder zur Akutbehandlung und Prophylaxe in landwirtschaftlichen Tierbeständen genutzt. Tiere reagieren rasch auf homöopathische Hochpotenzen. Durch genaue Beobachtung des Krankheitsbildes, auffälliger Verhaltensänderungen seit der Erkrankung und der Besonderheiten des Tieres im Vergleich zu den anderen Tieren (konstitutionelle Aspekte) wird das individuelle Symptomenmuster erfasst, um ein passendes homöopathisches Mittel für diesen Zustand zu verordnen.
 

Komplexmittel

Auch die Komplexmittelhomöopathie ist eine abgekürzte Methode. Dabei werden mehrere homöopathische Arzneimittel kombiniert, die für bestimmte Zustände (z.B. Grippe, Husten) ein ergänzendes Wirkspektrum bieten. Sie werden wie konventionelle Medikamente nach Indikation oder Diagnose verordnet. Diese fixen Kombinationen sind „homöopathische Arzneimittel“ nach dem Arzneimittelgesetz. Klassische Homöopathen lehnen Komplexmittel ab, weil damit keine Arzneimittelprüfung, keine individuelle Verordnung nach dem Ähnlichkeitsprinzip und keine präzise Beurteilung des Fallverlaufes möglich sind. Allerdings sind Komplexmittel für die Selbstbehandlung durch Laien wichtig. Aufgrund der Häufigkeit der Anwendung tragen Komplexmittel zur Volkgesundheit bei und entlasten durch die privat bezahlten Arzneimittel das Gesundheitssystem.
 

Weitere Informationen

Samuel Hahnemann
Homöopathische Arzneimittel
 

Literatur

  1. Ammon 2012
  2. Rohrer 2007
  3. Wiesenauer 1991
  4. Hahnemann 1842
  5. WHO 2009
  6. Dellmour 2017
  7. Hahnemann 1842
     

PDF

PDF mit Literaturangaben

 

 

Startversion: 11.9.2017
Autor: Friedrich Dellmour