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Diskussion > Schwächen der Kritiker

Schwächen der Kritiker

Viele Kritiker sind scharfe Denker. Universitätsprofessoren, Wissenschaftler, Ärzte, Tierärzte, Apotheker, Hobbywissenschaftler, Journalisten und Theologen.

Diese Menschen kennen ihre Wissenschaft gut und sind von ihrem Wissen überzeugt. Diese Stärke kann zur Schwäche werden. Wer sein wissenschaftliches Denksystem bedenkenlos auf andere Wissenschaften anwendet, handelt möglicherweise unwissenschaftlich und wissenschaftstheoretisch nicht korrekt.
 

Jede Wissenschaft hat eigene Regeln

Die Naturwissenschaften sind gut erforscht und präzise. Aber die naturwissenschaftlichen Kriterien passen nicht für die Medizin, Sozialwissenschaften oder Geisteswissenschaften, weil dort andere Wissenschaftskriterien gelten.

Die wissenschaftliche Methodik muss dem Gegenstand der Untersuchung angemessen sein. Diese Regel gilt für jede Wissenschaft.
 

Schwächen der Kritiker

Die meisten Kritiker sehen aus der Vogelperspektive auf die Homöopathie herab.

Sie kennen die Homöopathie nicht. Was sie darüber gehört oder gelesen haben, passt nicht zu ihrer Sichtweise von Wissenschaft. Daher glauben sie, dass die Homöopathie keine Wirkungen haben kann oder die Wirkungen Placebowirkungen seien.

Das ist widersprüchlich und unwissenschaftlich. Das Placebo-Argument wurde in Studien nie untersucht. Die Interpretation, Homöopathie sei Placebomedizin, ist unbewiesen und nicht evidenzbasiert.
 

Das Gebäude der Homöopathie

Wer die Homöopathie beurteilen will, muss sich ausführlich mit ihren Grundlagen und der Anwendung in der Praxis beschäftigen. Wer sich nur bei Kritikern informiert und deren Kritik ungeprüft übernimmt, setzt sich dem Verdacht aus, voreingenommen, tendenziös und populistisch zu sein.

Wer die Homöopathie kennenlernen will, muss ihr wissenschaftliches Gebäude durch die Türe im Erdgeschoss betreten. Den Ärzten bei der Arbeit zusehen. Lehrbücher studieren und Fachzeitschriften lesen. Die Dokumentationsarchive im Keller inspizieren. Mit den Spezialisten für besondere Methoden im Obergeschoß reden. Die Philosophen im Dachgeschoß besuchen. Forschungslabors und Krankenhäuser mit homöopathischen Abteilungen aufsuchen. Bei der Behandlung von Groß- und Kleintieren zusehen und die Erfahrungen von Landwirten hören. Nur so kann man sich ein Bild von der Homöopathie machen.
 

Argumentarium Homöopathie-KritIk

Dr. Gloria Kozel, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Homöopathische Medizin (2006-2012) hat angeregt, die zunehmende Homöopathiekritik in den Medien zu dokumentieren und systematisch auszuwerten.

Seit 2007 wurden über 520 Fällen von Homöopathiekritik in den Medien (1939-2017) erfasst.

Die bisherigen Untersuchungen haben folgende Hauptursachen für Kritik an der Homöopathie gefunden:1
 

Glaube statt Wissen

Die meisten Kritiker kennen die wissenschaftlichen Daten der Homöopathie nicht und haben keine langjährige Erfahrung als homöopathische Ärzte oder Therapeuten. Da die Homöopathie anerkannten wissenschaftlichen Konzepten nicht entspricht, glauben sie, die Homöopathie wäre „unplausibel“.
 

Skeptiker

Sogenannte „Skeptiker“ glauben, dass sich alle wichtigen Fragen der Menschheit mit wissenschaftlich exakten Methoden beantworten lassen. Diese Weltsicht wird „Szientismus“ genannt. Skeptiker lehnen alle nicht naturwissenschaftlich begründbaren Bereiche generell als „unwissenschaftlich“ ab.
 

Skeptiker verwechseln Glauben mit Wissen

Der dogmatische Glaube an ein naturwissenschaftliches Weltbild ist für die Medizin unpassend. Medizin ist keine Naturwissenschaft. Viele Bereiche des gesunden und kranken Menschen sind nicht messbar und wissenschaftlich nicht beweisbar. Die meisten Kritiker sind keine Ärzte und haben keine Ausbildung oder eigene praktische Erfahrung mit Homöopathie. Sie beurteilen die homöopathische Medizin alleine aufgrund persönlicher Vorstellungen. Weil die Homöopathie nicht der Naturwissenschaft entspricht, glauben sie, die Homöopathie sei „unplausibel“.
 

Plausibilität

Die Plausibilität, d.h. die wissenschaftliche Verständlichkeit des Wirkmechanismus ist kein zwingendes Kriterium für Arzneimittel. Sogar bei häufig verwendeten Medikamenten kann der Wirkmechanismus nicht genau bekannt sein. Beispiele sind die Schmerzmittel Paracetamol und Metamizol sowie Ondansetron, das gegen Übelkeit und Erbrechen nach Chemotherapie und Strahlentherapie verwendet wird.2

Für die behördliche Zulassung von Arzneimitteln ist nicht der Wirkmechanismus, sondern die Wirksamkeit und Sicherheit der Medikamente wesentlich.
 

Bias

Der englische Begriff „bias“ beschreibt systematische Fehler in der Wissenschaft. Bias bewirken eine „Verzerrung“ der Wirklichkeit durch Studien, Voreingenommenheit oder Medien.

Skeptiker sind besonders bias-anfällig. Wer glaubt, die Homöopathie wirkt nicht, weil hochverdünnte Lösungen nicht wirken können, unterliegt einem „plausibility bias”. Wer etwas grundsätzlich für „nicht möglich“ hält, kann sich veranlasst fühlen, positive Studienergebnisse zu negieren oder als Placebowirkung abzutun. Dieses Verhalten ist unwissenschaftlich:3

„Pauschalurteile über die wissenschaftliche Unmöglichkeit der Homöopathie sind selbst unwissenschaftlich: wissenschaftliche Aussagen müssen präzise und überprüfbar sein. Es gibt wachsende Beweise dafür, dass homöopathische Präparate biologische Wirkungen ausüben können; die gebührende Berücksichtigung dieser Forschung würde den Einfluss vorgefasster Meinungen auf die Bewertung systematischer Überprüfungen der Evidenz verringern.“
 

Interpretationen

Medizinische Daten müssen immer interpretiert werden.

Interpretationen sind unweigerlich subjektiv gefärbt. Wissenschaftliche Voreingenommenheit verleitet dabei zu Fehlinterpretationen. Derartige „interpretative bias“ stellen die Wirknachweise der Homöopathie systematisch falsch dar:4

„Es gibt viele Beispiele, bei denen im Nachhinein klar ist, dass Plausibilität zu einer systematischen Fehlinterpretation der Evidenz geführt hat.“
 

Veröffentlichungen

Skeptiker sind in internationalen Netzwerken organisiert und stehen mit Universitäten, Wissenschaftsverlagen und Medien in Kontakt. Sie verstärken den Einfluss der Scientific community auf das Publikationswesen.

Anerkannte medizinische Fachzeitschriften lehnen es häufig ab, positive Studien über Homöopathie zu veröffentlichen. Durch diesen systematischen „publication bias” sind gute Berichte über Homöopathie in der medizinischen Fachliteratur unterrepräsentiert:5

„Gegenwärtig gibt es einen systematischen Bias medizinischer Fachzeitschriften gegen die Veröffentlichung positiver homöopathischer Studien und eine komplette und völlige Ablehnung der Homöopathie-Kritiker, die wissenschaftliche Grundlagenforschung anzuerkennen, die biologische Wirkungen homöopathischer Mittel eindeutig nachweist.“
 

Weltanschauungen

Homöopathiekritik ist häufig keine faire Wissenschaftsdiskussion, sondern ein Machtkampf um Weltbilder. Das zeigt das dogmatische und diffamierende Vokabular mancher Kritiker. Dabei ist zu bedenken, dass die „Skeptiker-Bewegung“ mit militantem Atheismus verbunden ist. Die Forderung nach „naturwissenschaftlichen Kriterien“ und radikale Ablehnung von allem, was nicht der Naturwissenschaft entspricht, ist Grundlage für ein gottesfreies Weltbild.

Die Geisteshaltung mancher Skeptiker weist in diese Richtung: Die an Hexenjagden erinnernden Attacken zeigen eine gänzliche Respektlosigkeit vor Andersdenkenden und einen ausgeprägten Hochmut gegenüber großen Bevölkerungs- und Berufsgruppen mit dem Ziel, die „Wissenschaft“ über alles zu stellen.
 

Szientismus

Der Szientismus (Szientizismus, Scientismus) glaubt, dass sich alle sinnvollen Fragen des Lebens mit exakten wissenschaftlichen Methoden beantworten lassen. Alle Aussagen, die sich wissenschaftlich nicht erklären lassen, erscheinen in dieser Sichtweise sinnlos oder handeln von nicht existierenden Dingen. Szientismus fordert wissenschaftliche Methoden für fast alle Belange der Gesellschaft einschließlich Politik. Diese Einstellung vertritt die Auffassung, dass es „nichts außerhalb der Wissenschaft“ gibt und sich alle menschlichen Aktivitäten wissenschaftlich ergründen lassen.6

Der Szientismus ist die „Religion“ der Skeptiker, was an radikaler und dogmatischer Wortwahl erkennbar ist. Alles, was nicht wissenschaftlich im Sinn der Naturwissenschaft ist, wird als „irrational“ und schädlich für die rationale Entwicklung der Menschheit betrachtet und bekämpft. Dazu gehören ad personam-Angriffe und persönliche Diffamierungen im Sinn einer blame culture. Radikale Skeptiker gelten als „Inquisitoren“ der Neuzeit. Sie führen einen ideologischen Kampf um Sichtweisen und Weltbilder.
 

Atheismus

Szientismus ist mit militantem Atheismus, weltweiten Atheisten-Netzwerken und anti-religiösem Aktionismus verbunden.

Aktivisten des Vereins www.gottlos.at traten an der Medizinischen Universität Wien 2013 gegen Homöopathie und Religion auf. Der 2011 gegründete Verein wurde 2015 in Evo – Verein für Rationalität & Menschlichkeit (www.verein-evo.at) umbenannt.

Der Verein orientiert sich an der Evolutionstheorie als „prowissenschaftlichen Standpunkt“, wendet sich gegen „Pseudomedizin“ (Homöopathie, Anthroposophie) und „Irrationalität“ (Gottglauben) und strebt eine „Welt ohne Gott“ an.
 

Religion

Manche religiöse Gruppen verurteilen die Homöopathie mit dogmatischer Strenge.

Der Glaube ist die Stärke religiöser Menschen. Diese Stärke kann zur Schwäche werden, wenn religiöse Denksysteme bedenkenlos auf weltliche Bereiche angewandt werden. Dabei sind Fehlinterpretationen möglich.

Gespräch mit einem freikirchlichen Christen:7

„Die Homöopathie wirkt nicht.“ „Doch, die Homöopathie wirkt.“ „Man kann sie aber nicht nachweisen.“ „Doch, man kann die Wirkungen der Homöopathie nachweisen“. „Dann ist es Zauberei“.

Religiöse Kritiker glauben, die Homöopathie sei „okkult“, „böse“ und „vom Teufel“ und daher für Christen „gefährlich“. Diese Ansicht wird durch Bücher verbreitet, die gläubige Christen geschrieben haben. Diese Bücher enthalten fachliche Fehler. Die Argumente beruhen auf einer selektiven Literaturauswahl. Die homöopathische Fachliteratur und der aktuelle Stand des Wissens werden meistens nicht berücksichtigt. Stattdessen stehen religiöse Argumente und Zirkelschlüsse im Vordergrund.

Die Homöopathie wird verurteilt, weil die Wirksamkeit hoher Verdünnungen wissenschaftlich „nicht erklärbar“ sei. Weil historische Begriffe nicht richtig verstanden werden. Weil Homöopathie gelegentlich mit Magie und Esoterik vermischt wird. Und weil Hahnemann Freimaurer war.

Religiöser Glaube wird dabei mit „Wissenschaftsgläubigkeit“ verbunden. Die Naturwissenschaften werden als Unterscheidungshilfe zwischen Gut und Böse verwendet. „Wissenschaftliche Erklärbarkeit“ wird als Argument gesehen, dass Dinge in Ordnung sind. Unerklärliche Phänomene werden der „Gegenseite“ zugerechnet.

  • Beide Glaubensformen – religiöser Glaube und Wissenschaftsgläubigkeit – sind nicht in der Lage, die Homöopathie zu bewerten.
     

Freimaurerei

Manche Christen kritisieren die Homöopathie, weil Hahnemann – wie viele respektable Personen damals und heute – in einer Freimaurer-Loge eingeschrieben war.

Dieses religiöse Argument macht keinen Unterschied zwischen weltlichen Belangen und dem Glauben einzelner Menschen oder Gruppen. Wie allgemein bekannt ist, wurden und werden in der Medizin, Wissenschaft, Wirtschaft, Architektur, Politik und Kunst herausragende Leistungen auch von Freimaurern erbracht. Die 1. Wiener Medizinische Schule wurde durch den Freimaurer Gerald van Swieten, Leibarzt der Kaiserin Maria Theresia gegründet.

Der Mediziner und Theologe DDr. Johannes Huber schrieb über diese weltberühmte medizinische Schule:8

„... vom Geiste der Freimaurerei getragen, also von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. In diesem Sinne ließ Van Swieten die erste moderne Klinik Wiens errichten, praktisch den Vorläufer des Allgemeinen Krankenhauses.“
 

Unterscheidung

Arzneimittel wirken aufgrund der Zusammensetzung und Dosierung.

Der persönliche Glaube der behandelnden Ärzte hat keinen Einfluss auf die Wirkung verordneter Arzneimittel. Ebenso sind Reis, Tee oder exotische Früchte nicht „geistlich belastet“, wenn sie aus Regionen mit anderen Religionen stammen oder bei der Ernte irgendwelchen Göttern geopfert wurde.

Es ist wichtig, Religion und Glauben von weltlichen Tätigkeiten zu unterscheiden.

  • Arzneimittel übertragen keine geistigen Botschaften.
  • Das gilt auch für homöopathische, anthroposophische, spagyrische und alle anderen potenzierten Arzneimittel.
     

Literatur

  1. Dellmour 2017
  2. Arzneispezialitätenregister 2017
  3. Rutten 2012
  4. Kaptchuk 2003
  5. Johnson 2012
  6. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik 2017
  7. Persönlicher Dialog 2007
  8. Huber 2016
     

PDF

PDF mit Literaturangaben

 

 

Startversion: 14.9.2017   
Autor: Friedrich Dellmour