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Samuel Hahnemann

Die Entdeckung der Homöopathie beruht auf sorgfältigen ärztlichen Beobachtungen, gezielter wissenschaftlicher Forschung durch Versuche am Menschen und Bewertung der Versuchsergebnisse anhand der medizinischen Fachliteratur sowie Bestätigung des gefundenen Therapieprinzips durch wiederholte Versuche mit unterschiedlichen Arzneimitteln.1
 

Samuel Hahnemann

Christian Friedrich Samuel Hahnemann wurde 1755 in Meißen in Sachsen geboren und studierte Medizin an den bedeutendsten Fakultäten seiner Zeit in Leipzig, Wien und Erlangen.2,3,4 Als Arzt, Chemiker und Pharmazeut beschäftigte er sich ausführlich mit chemischen Fragen. Der berühmte Arzt Christoph Wilhelm Hufeland, in dessen Journal der praktischen Arzneykunde und Wundarzneykunst er viele Fachartikel veröffentlichte, bezeichnete ihn als den „besten Chemiker unter den Ärzten“. In der Tat war Hahnemann ein unermüdlicher Arzt, Wissenschaftler und Forscher.
 

Wissenschaftliche Schriften

Hahnemann gab 1793-1799 ein zweibändiges Apothekerlexikon5 heraus und verfasste ein umfangreiches Standardwerk über den von ihm entwickelten gerichtsmedizinischen Arsennachweis und die verschiedenen Formen der Arsenvergiftung mit insgesamt 502 Paragraphen.6 Aufgrund seiner langjährigen Übersetzungen medizinischer Werke hatte er einen Überblick über die gesamte Medizin seiner Zeit. Hahnemann zitierte auch aus der frühen medizinischen Literatur der hippokratischen Schriften sowie der arabischen Originalliteratur des 8. Jahrhunderts.

In seinen Hauptwerken, die in 12 Bänden in 2 - 6 Auflagen erschienen, widmete sich Hahnemann der Erforschung und Entwicklung der Homöopathie, neben vielen weiteren Publikationen über pharmazeutische und chemische Themen. Er war Vorreiter in hygienischen und sozialmedizinischen Fragen und gilt als einer der ersten Ärzte, die Krankengeschichten und therapeutische Verordnungen für alle Patienten in umfangreichen „Krankenjournalen“ protokollierten.

Die wissenschaftlichen Schriften Hahnemanns sind präzise und sehr ausführlich. Als Arzt, Pharmazeut und Übersetzer hat Hahnemann mehr Literatur hinterlassen als Johann Wolfgang von Goethe.7 Seine Schriften umfassen 14.000 Seiten an eigenständigen Schriften (1779 – 1839), ca. 1.000 Seiten in Fachzeitschriften, ca. 12.000 Seiten Übersetzungen und Bearbeitungen medizinischer Werke (1777-1806) sowie viele Briefe.8

Die Schriften Hahnemanns sind auch heute noch zugänglich, entweder als Nachdruck9,10,11,12 oder im Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart.13 Jeder Schritt der Entdeckung und Entwicklung der Homöopathie kann überprüft werden.
 

Medizin zur Zeit Hahnemanns

Am Ende des 18. Jahrhunderts kannte die Medizin noch keine einheitliche Theorie, sondern bestand aus einer Vielzahl unterschiedlicher Therapiesysteme. Häufige Therapieverfahren waren die Entfernung „saurer und fauler Säfte“, Reinigung der „ersten Wege“ durch Brech- und Abführmittel, Ausleitungsmethoden durch blasenziehende Mittel, Fontanellen und Haarseile, „Visceralklistiere gegen Unterleibsinfarkte“ (Einläufe), Reizung und Reizentziehung durch „sthenische Mittel“ (stark stimulierende Wirkstoffe), sowie Aderlässe, Blutegel, Opium und Quecksilber in teilweise hoher Dosierung und Vielstoffgemische, deren Verabreichung und Wirkung nicht dokumentiert wurden.3

In der Medizin waren noch keine wissenschaftlichen Grundlagen der Physiologie, Biochemie, Pharmakologie oder Pathologie bekannt. Das Medizinstudium war ein reines Theoriestudium. In Deutschland gab es noch kein einziges Krankenhaus, in dem die Studenten Kontakt mit Patienten hatten. Außer dem Hörrohr als Vorläufer des Stethoskops gab es keine Untersuchungsgeräte. Das Fieberthermometer war noch nicht erfunden. Bakterien, Viren und Pilze waren noch nicht entdeckt.
 

Kritik der damaligen Medizin

Aufgrund seines beachtlichen Fachwissens kritisierte Hahnemann bereits während seines Studiums an der Universität Leipzig die Unzulänglichkeit der damaligen Medizin und wechselte nach zwei Jahren nach Wien. Dort durfte er Josef von Quarin, den Leibarzt der Kaiserin Maria Theresia, bei Hausbesuchen begleiten.

Nach einem Aufenthalt als Hausarzt und Bibliothekar von Baron Samuel von Brukenthal in Hermannstadt (Sibiu) in Rumänien schloss Hahnemann sein Medizinstudium 1779 in Erlangen mit der Dissertation „Conspectus adfectuum spasmodicorum aetiologicus et therapeuticus“ (Betrachtung zur Ätiologie und Therapie der krampfartigen Erkrankungen)14 ab.

Danach ließ sich Hahnemann als Arzt in der Bergwerksstadt Hettstedt nieder, um bald wieder für weitere Wanderjahre aufzubrechen.

Nach seiner Tätigkeit als Stadtphysikus in Dresden folgten Übersetzungen medizinischer und pharmazeutischer Werke aus dem Französischen, Englischen und Italienischen. Dabei wurde Hahnemann auf die Chinarinde aufmerksam, was 1790 zur Entdeckung der Homöopathie führte.
 

Habilitation

Hahnemann habilitierte sich 1812 an der Universität Leipzig mit der Dissertation „Dissertatio historico-medica de Helleborismo Vetervm“ (Historisch-medizinische Dissertation über den Helleborismus der Alten)12 und las mehrere Jahre hindurch Medizingeschichte und Auszüge aus seinem Grundlagenwerk der homöopathischen Medizin, dem „Organon der rationellen Heilkunde“. Hahnemann war Doktor der Medizin und Chirurgie, Mitglied der Akademie der nützlichen Wissenschaften zu Mainz, der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Erlangen und Ehrenmitglied der Königlichen ökonomischen Gesellschaft zu Leipzig.12

Hahnemann wurde 1822 zum Hofrat ernannt. Er musste zeitlebens um seine Lehre kämpfen, da sie im Gegensatz zu üblichen Lehrmeinungen stand. In seiner Schrift „Ueber den Werth der speculativen Arzneisysteme, besonders im Gegengehalt der mit ihnen gepaarten, gewöhnlichen Praxis“15 und anderen Publikationen prangerte er die Medizin heftig an. Die damalige Schulmedizin konnte viele Kranke nicht heilen. Die Behandlungen waren meistens palliativ und führten durch drastische Mittel oft zu chronischen Krankheiten, Siechtum und Tod.
 

Suche nach einer neuen Medizin

Aufgrund dieser Missstände suchte der Wissenschaftler und „Wahrheitsforscher“ Hahnemann gezielt nach einem Therapiesystem, damit man die Wirkungen der Arzneimittel am Menschen prüfen könne, um für jeden Krankheitsfall die richtige Arznei zu finden und Gewissheit zu haben, dass die Arznei den Kranken heilen wird.

Dieses neue Therapiesystem hat Hahnemann in dem seit Hippokrates bekannten Simileprinzip gefunden und mit der Homöopathie eine verlässliche medizinische Therapieform entwickelt. Er stellte die Homöopathie 1796 in seiner Veröffentlichung „Versuch über ein neues Prinzip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen, nebst einigen Blicken auf die bisherigen“ der medizinischen Fachwelt vor.16
 

Chinarindenversuch

Der Chinarindenversuch 1790 gilt als „Geburtsstunde der Homöopathie“. Mit wiederholten Selbstversuchen hatte Hahnemann im homöopathischen Ähnlichkeitsprinzip das Wirkprinzip der Homöopathie entdeckt. Dem Chinarindenversuch kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu. Die Ziele, Hintergründe und Ergebnisse des Chinarindenversuches wurden 2006 und 2007 ausführlich untersucht.17,18,19
 

William Cullen

1790 übersetzte Hahnemann die Arzneimittellehre des schottischen Pharmakologen William Cullen „A Treatise of the Materia Medica“ ins Deutsche.20 Cullen hatte darin die Heilung von Wechselfieber auf die „Verbindung des Bittern und Adstringirenden“ zurückgeführt und die Chinarinde als „mächtiges Tonikum“ bezeichnet, dessen „magenstärkende Wirkung auf den übrigen Körper übergeht“. Hahnemann akzeptierte diese Spekulationen der alten Medizin nicht und schrieb in seine Übersetzung mehrere kritische Anmerkungen, in denen er Cullen widerlegte. Darüber hinaus entschloss sich Hahnemann aus wissenschaftlichen Gründen19 zu eigenen Selbstversuchen.
 

Quecksilberfieber

Die Chinarinde war eine der wichtigsten Arzneimittel der damaligen Medizin. Hahnemann kannte das Wechselfieber, da er ein Rezidiv von „Quartanfieber“ an sich selbst mit 22 g Chinarinde erfolgreich behandelt hatte. 1789 beschrieb er in seinem Buch über Geschlechtskrankheiten21 die schnelle Heilwirkung des „Merkurialfiebers“ bei Syphilis. Dieses heilende „Fieber“ wurde durch ein von ihm erfundenes Quecksilberpräparat hervorgerufen. Er hatte dabei beobachtet, dass sowohl die Syphilis als auch die Heilungsreaktion der Syphilis mit einem „Fieber“ einhergingen.
 

Fieber

Mit dem Begriff „Fieber“ wurden in der damaligen Medizin Erregungszustände des gesamten Körpers bezeichnet, die mit Kältegefühl, Hitze, Pulserhöhung, Müdigkeit und einem vom individuellen Kranken, seinen Umständen und der Lokalisation der Störung abhängigen, spezifischen „Charakter“ einhergingen.22

Hahnemann hatte 1786  im Vergiftungsbild von Arsenik ein „Fieber“ beschrieben und 1789 die Heilwirkung von Arsenik bei Wechselfieber auf ein künstliches „akzidentelles Fieber“ zurückgeführt. Im selben Jahr berichtete über die Heilwirkung des „Merkurialfiebers“ bei Syphilis, die ebenfalls mit einem „Fieber“ einherging. 1790 beobachtete er auch mit der Brechwurzel (Ipecacuanha) „eine Art künstliches Fieber“, das langwierige Fälle von Wechselfieber heilen konnte. Deshalb vermutete er ebenso für die Chinarinde eine „Wechselfieber erregende Wirkung“ als Wirkprinzip.20

Da bereits Cullen von „Versuchen“ gesprochen hatte und Anton von Stoerck in Wien Selbstversuche durchgeführt hatte, unternahm auch Hahnemann mehrere Selbstversuche, um das für die Chinarinde vermutete Wirkprinzip zu bestätigen.10
 

Selbstversuch

Hahnemann nahm 1790 einige Tage lang „zweimal täglich jedesmal vier Quentchen gute China ein“. Diese Einzeldosen von 15 g und Tagesdosen von 29 g Chinarinde bewirkten wiederholt und reproduzierbar charakteristische Symptome von Wechselfieber.20

Damit hatte Hahnemann die Arzneimittelprüfung am Gesunden und die an Gesunden ausgelösten „reinen Arzneiwirkungen“ als Untersuchungsmethode zur Feststellung der homöopathischen Wirkungen der Arzneimittel gefunden.

Mit der Erkenntnis „Jedes wirksame Arzneimittel erregt im menschlichen Körper eine Art von eigner Krankheit“ hat Hahnemann auch den homöopathischen Wirkmechanismus vermutet und die medizinische Grundlage des Simileprinzipes „Simila similibus“ entdeckt.16
 

Literatur

  1. Dellmour 2009
  2. Haehl 1922
  3. Ritter 1986
  4. Tischner 1998
  5. Hahnemann 1793-1799
  6. Hahnemann 1786
  7. Schmidt 1989
  8. Schmidt 1990
  9. Hahnemann 1842
  10. Hahnemann 1825-1833
  11. Hahnemann 1835-1839
  12. Hahnemann 1812
  13. Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung
  14. Hahnemann 1779
  15. Hahnemann 1808
  16. Hahnemann 1796
  17. Lochbrunner 2006
  18. Lochbrunner 2007
  19. Dellmour 2007
  20. Cullen 1790
  21. Hahnemann 1789
  22. Hufeland 1838
  23. Hahnemann 1829
  24. Hahnemann 2001
  25. Bayr 1989
     

PDF

PDF mit Literaturangaben

 

 

Startversion: 12.9.2017
Autor: Friedrich Dellmour